Donnerstag, 26 Juni 2025 14:05

Neonazi-Gruppe „Combat 18“ vor Gericht in Dortmund

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Prozess in Dortmund läuft Prozess in Dortmund läuft pixabay/Foto illustrativ

Vier Männer aus Thüringen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg stehen in Dortmund vor Gericht. Sie sollen die militante Neonazi-Organisation „Combat 18 Deutschland“ trotz eines bundesweiten Verbots weitergeführt haben. Das Verbot wurde im Januar 2020 durch den damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer ausgesprochen. Die Gruppe gilt als bewaffneter Arm des rechtsextremen Netzwerks „Blood & Honour“. Laut Anklage gab es mindestens 14 geheime Treffen und neue Rekrutierungen.

Inhaltsverzeichnis:

Vorwürfe wiegen schwer

Die Vorwürfe wiegen schwer:

  • Fortführung einer verfassungsfeindlichen Vereinigung
  • Organisation von Veranstaltungen mit rechtsextremen Inhalten
  • Vertrieb von Propagandamaterial
  • Kontakte zu gewaltbereiten Neonazi-Strukturen

Der Prozess am Landgericht Dortmund ist auf zehn Verhandlungstage bis September angesetzt. Im Fall einer Verurteilung drohen den Angeklagten bis zu fünf Jahre Haft oder Geldstrafen.

Keven L. und Robin S. leiteten Aufnahmeverfahren

Zwei der Beschuldigten, Keven L. und Robin S., sollen neue Mitglieder in die Gruppe „Combat 18 Deutschland“ aufgenommen haben. Dabei organisierten sie nach Angaben der Bundesanwaltschaft sowohl theoretische als auch praktische Prüfungen für Anwärter. Themen wie Nationalsozialismus waren Bestandteil der Tests.

Die Treffen, bei denen diese Aufnahmen stattfanden, fanden im Geheimen statt. Laut Ermittlern wurden seit dem Verbot im Jahr 2020 mindestens 14 dieser Treffen nachgewiesen. Sie dienten nicht nur der Rekrutierung, sondern auch der strategischen Abstimmung und dem Austausch zwischen Mitgliedern.

Robin S. war jahrelang in der Dortmunder Neonazi-Szene aktiv. Er saß bereits in Haft, nachdem er bei einem Raubüberfall einen Tunesier angeschossen hatte. Während seiner Gefängniszeit stand er in Kontakt mit Beate Zschäpe vom NSU.

Stanley R. koordinierte Netzwerk und Auftritte

Stanley R. wird als mutmaßlicher Anführer von „Combat 18 Deutschland“ bezeichnet. Laut Anklage war er für die Vernetzung mit anderen rechtsextremen Gruppen verantwortlich. Darüber hinaus soll er gemeinsam mit Gregor M. Tonträger und Kleidungsstücke mit Bezug zur Gruppierung vertrieben haben.

Ein Foto aus dem Jahr 2002 zeigt R. mit dem Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Die Aufnahme entstand während einer Wahlkampfveranstaltung der rechtsextremen NPD. Nach Lübckes Ermordung trat Robin S. in einem Video der Gruppe auf und bestritt Verbindungen zum Täter. Trotz dieser Aussage gibt es Hinweise auf persönliche Kontakte.

Gregor M. organisierte Konzerte und Gewalttaten

Gregor M. stammt aus einem kleinen Dorf in der Vulkaneifel und ist seit über 20 Jahren in der rechtsextremen Szene aktiv. Er saß bereits wegen eines Angriffs auf einen Aussteiger im Gefängnis. Der Vorwurf: schwere Körperverletzung.

Laut Bundesanwaltschaft organisierte M. sogenannte Rechtsrock-Konzerte. Dabei handelt es sich um Musikveranstaltungen mit rechtsextremer Symbolik und Inhalten. Diese dienen nicht nur der Szene als Treffpunkt, sondern auch der Finanzierung und Rekrutierung neuer Mitglieder.

Staatliche Reaktion und gesellschaftliche Gefahr

Das Bundesinnenministerium stufte „Combat 18 Deutschland“ im Jahr 2020 als verfassungsfeindlich ein. Die Gruppe sei rassistisch, antisemitisch und gewaltbereit. Sie bekenne sich offen zur NSDAP und arbeite mit dem Prinzip des „führerlosen Widerstands“. Diese Methode setzt auf individuelle Radikalisierung statt zentraler Steuerung.

Laut Professor Dierk Borstel von der Fachhochschule Dortmund geht von diesem Netzwerk weiterhin eine erhebliche Gefahr aus. Die Ideologie sei besonders gefährlich, weil sie gewaltsame Einzeltaten fördere, die schwer vorherzusagen sind. Die Gruppe ist Teil eines größeren, internationalen Netzwerks, das sich bewusst dezentral organisiert.

Urteil steht im September an

Das Landgericht Dortmund plant bis Anfang September zehn Prozesstage. Die vier Angeklagten müssen sich wegen der Fortführung einer verbotenen Vereinigung verantworten. Zusätzlich stehen weitere Anklagepunkte im Raum, darunter Volksverhetzung, Körperverletzung und Verstoß gegen das Vereinsgesetz.

Im Falle einer Verurteilung drohen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder hohe Geldstrafen. Der Prozess gilt als bedeutendes Verfahren gegen rechtsextreme Netzwerke in Deutschland. Die Ermittlungen zeigen, dass das Verbot von Organisationen wie „Combat 18“ nicht automatisch deren Auflösung bedeutet. Vielmehr bleiben Strukturen und Ideologien oft erhalten und verlagern sich ins Verborgene.

Quelle: WDR, www.extratimeout.com/de